Remineszenz Tag der Erinnerung und Mahnung in Berlin 2024
Das Erstarken neofaschistischer Kräfte in Deutschland, Europa und der Welt, die Zunahme kriegerischer Auseinandersetzung – mit den vorläufigen Höhepunkten in der Ukraine und im Nahen Osten – fordern von uns antifaschistische Antworten um darüber mit Mitgliedern und Berliner*innen ins Gespräch zu kommen. Dafür hatten wir ein umfangreiches, breitgefächertes Programm zusammengestellt.
Der diesjährige Tag der Erinnerung und Mahnung fand wie im Vorjahr auf dem Franz-Mehring-Platz und im Gebäude FMP1 statt. Dank der Unterstützung des Hauses und dem dort ansässigen Münzenberg-Forum konnten wir neben den großen Veranstaltungsräumen auch das Foyer und den Hof in die Planungen einbeziehen. Das erlaubte es uns, in der Zeit von 13 bis 19 Uhr zehn Podiumsdiskussionen, Vorträge und Interviews zu präsentieren. Hinzu kamen ein interessantes Musikprogramm und vier Ausstellungen. Umrahmt wurde dieses inhaltsreiche Programm durch zwei Kinofilme.
Über 30 Organisationen, Vereine, Initiativen und Verlage präsentierten an Marktständen ihre Arbeit und kamen in Kontakt mit Besuchern.
Filmveranstaltungen
Als besondere Freude konnten wir am Freitag, dem 6. September, in Anwesenheit unseres Ehrenvorsitzenden in Hans Coppi ein Preview des Films „In Liebe, Eure Hilde“ im Filmtheater am Friedrichshain zeigen. Ein sehr emotionaler Film von Andreas Dresen, der die Lebensgeschichte von Hilde Coppi hoffentlich einem großen Publikum bekannt machen wird. Im anschließenden Gespräch mit Claudia von Gélieu und Trille Schünke-Gettinger ging es insbesondere um die Rolle von Frauen im Widerstand gegen den NS und die Frage: war Hilde Coppi eine Heldin?
Den Sonntag beendeten wir am Hofkino des FMP1 mit dem Film „Green Border“ der polnischen Regisseurin Agnieszka Holland. Der mehrfach preisgekrönte Film aus dem Jahr 2023 thematisiert die Flüchtlingskrise an der Grenze zwischen Belarus und Polen. Er führte in Polen zu heftigen Auseinandersetzungen.
Kampf gegen Rechts
Bei den aktuellen Themen stand die Auseinandersetzung mit der AfD und Rechtsextremismus in Deutschland im Mittelpunkt. Auf der Bühne vor dem Haus diskutierten wir mit einer Vertreterin des Netzwerks Polylux e.V., einem Vertreter der Frau VVN-BdA aus der Uckermark und einer Berliner Abgeordneten der Partei Die Linke die Frage: „Unterhöhlen AfD-Mandatsträger unsere Demokratie?“.
Die Antworten und Erfahrungsberichte passten gut zu den ausgetauschten Argumenten im Münzenbangsaal zum Thema „Wie sinnvoll ist ein Verbot der AfD?“. In diesem Gespräch, an dem auch unser Bundesvorsitzender Florian Gutsche teilnahm, wurde auch die Kampagne zum AfD-Verbotsverfahren, die von der VVN BdA e.V. maßgeblich mitgetragen wird, erläutert.
Um die Auseinandersetzung mit rechtsextremistischem Gedankengut ging es auch in den Podiumsgesprächen „Gewerkschaften gegen rechts“ und „Rechtsextremismus an der Hochschule – mit Nazis Studieren“. Während in der Gewerkschaftsrunde darüber diskutiert wurde, warum der Anteil von Gewerkschafter*innen, die AfD wählen, in manchen Gewerkschaften so hoch ist und wie man sie zurückgewinnen kann, zeigte die Runde zu den Hochschulen sehr deutlich, dass rechtes Gedankengut auch unter Akademiker*innen und Student*innen zunimmt.
Deutlich wurde aber auch, wo wir Bündnispartner*innen im Antifaschistischen Kampf haben bzw. gewinnen können. Dieser Aspekt spielte in der Podiumsdiskussion „Antifaschismus und Klimabewegung“ eine wichtige Rolle. Vertreter*innen der Klimagruppe Cottbus, der Bürgerinitiative Grünheide, von Fridays for Future und von Prisma (IL Leipzig) berichteten von Ihren Erfahrungen – von den versuchen Rechter Einflussnahme und Unterwanderung von Bürgerinitiativen bis zur körperlichen Gewalt gegen Umweltaktivist*innen. Alle Vertreter*innen bestätigten zunehmende Angriffe von Rechtsextremen auf ihre Initiativen und bejahten die Verbindung zwischen Antifaschismus und Klima Bewegung.
Auf der großen Bühne fand die Podiumsveranstaltung „Kriegsdienstverweigerung – ein Menschenrecht!?“ statt, auf der Ralf Buchterkirchen von der DFG-VK zum aktuellen Vorhaben der schrittweisen Wiedereinführung der Militärdienstpflicht, seinen politischen Konsequenzen und Überlegungen zur Gegenwehr die Debatte eröffnete.
Anschließend klärte Franz Nadler von „Connection e.V.“ über die Lage der Kriegsdienstverweigerer und Deserteure in Russland, Belarus und der Ukraine auf und warb für die Unterstützung der Kampagne zur Durchsetzung des Menschenrechts auf Kriegsdienstverweigerung, wie sie in der Resolution 24/17 des UN-Menschenrechtsrats festgehalten wird. In seinen weiteren Ausführungen umriss er einige Möglichkeiten aus der Praxis von „Connection e.V.“, Menschen aus den oben genannten Ländern, die sich auf verschiedene Weise dem Kriegsdienst verweigert haben, beizustehen.
Abschließend skizzierte die ND-Redakteurin Jana Frielinghaus die mediale Front, mit der die Haltung der politischen Vertreter*innen die aktuelle Militarisierung der Gesellschaft unterfüttern, und verwies auf die augenblickliche Schwäche der nicht bellizistisch ausgerichteten Medien, die auch die momentane Schwäche der Friedensbewegung widerspiegelt. Details zum Beitrag von Jana Frielinghaus hier.
Erinnerungspolitik
Im Mittelpunkt der erinnerungspolitischen Veranstaltung Stand in diesem Jahr die Saefkow-Jacob-Bästlein-Organisation und damit der Berliner Arbeiterwiderstand. Dazu zeigten wir die Ausstellung gleichen Namens, führten ein Gespräch mit Dr. Anette Neumann zur Rolle der Frauen in der Organisation und ein Interview mit Dr. Arne Seifert über seine Eltern und den Widerstand in den Askania-Werken. Anlass war, dass die führenden Vertreter*innen der großen Widerstandsorganisation vor 80 Jahren von den Nazis hingerichtet wurden.
Fazit und Ausblick
Ein dicker Wermutstropfen lag über der Veranstaltung: Wir hätten uns über mehr Besucher*innen gefreut. Alle Anwesenden empfanden das Programm als anregend, bereichernd und ermutigend in unserem Antifaschistischen Kampf. Wir hoffen, im nächsten Jahr – zum 80. Jahrestag des ersten OdF-Tages – ein größeres Publikum zu erreichen